Den kranken Stadttauben in Wiesbaden soll es bald ans Gefieder gehen
Die Taubenplage sorgt regelmäßig für Zündstoff.
Ein in Augsburg erprobtes Modell könnte die Population in überschaubarer Größe halten.
Stadtrat Grella sieht darin eine Perspektive.
Foto: wita / Paul Müller
Vom 11.03.2005
Von Bertram Heide
Den Wiesbadener Stadttauben, vor allem den kranken Vögeln, soll es bald so richtig ans Gefieder gehen. Ordnungsdezernent Peter Grella und seine Mannschaft haben bereits nachgedacht und werden sich bei ihren Vorschläge am "Augsburger Modell" orientieren. Hans-Peter Erkel, Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung, informierte sich vor Ort und stellte fest: "In der Augsburger Innenstadt sieht man keine Tauben mehr, das ist schon sehr auffällig".
"Ganz ohne Geld geht das Ganze natürlich nicht", weiß der zuständige Stadtrat, sieht allerdings langfristig auch finanzielle Vorteile für die Kommune und vor allem für die Hauseigentümer. Seine Skepsis gegen das "Augsburger Modell" hat Peter Grella inzwischen abgelegt: "Anfangs habe ich gedacht, wir ziehen uns damit noch zusätzliche Tauben in die Stadt."
Auf rund 6 000 Tiere schätzt Hans-Peter Erkel den Bestand an Stadttauben in Wiesbaden. "Wer genau hinschaut merkt, die fliegen kaum noch, die laufen mehr auf dem Boden. Sie verhalten sich nicht mehr wie normale wilde Tauben, über die sich mancher Bürger in den östlichen Vororten beschwert."
Taubenhäuser, wie sie die Firma Meier in verschiedenen Größen anbietet, soll es in Wiesbaden nicht geben, so die Experten der Ordnungsbehörde. Denn die kosten pro Stück ab 15 000 Euro aufwärts und sind damit, angesichts der angespannten Finanzlage der Kommune, einfach zu teuer. Gedacht wird vielmehr daran, Taubenschläge in Gebäude zu integrieren. "Ein Hausbesitzer könnte beispielsweise daran denken, bei der Sanierung eines Gebäudes gleich einen Taubenschlag mit einzuplanen. Dabei könnte die Stadt ihn finanziell unterstützen", sagt Hans-Peter Erkel.
Heute bereits arbeitet sein Amt bei der Bekämpfung der Taubenplage eng mit dem Veterinäramt und dem Tierschutzverein zusammen. Sollte weiter über Taubenschläge diskutiert werden, will man auch den Haus- und Grundbesitzerverein und die Bundesarbeitsgemeinschaft Stadttauben mit an den runden Tisch holen.
Die Idee zum Taubenschlag stammt von der Bundesarbeitsgemeinschaft, die vehement und schließlich erfolgreich in den Kommunen gegen die Taubenpille oder auch das Vergiften der Vögel mobil machte.
Sollten die Gremien im Rathaus zustimmen und die nötigen Finanzmittel bereit stellen, so könnte den Stadttauben mit einem Stufenplan zu Leibe gerückt werden. "Ziel ist es, zunächst die kranken Tiere auszusondern und dann einen gesunden und vor allem kontrollierbaren Bestand aufzubauen", sagt Hans-Peter Erkel.
Kontrolliert werden soll vor allem das Brüten. Das erste Gelege soll noch ausgebrütet werden, das zweite wird bereits ersetzt durch Plastikeier, die mit Quarzsand gefüllt sind. Beim Brüten erwärmt sich der Sand, sodass die Taube "den Eindruck hat", mit dem Gelege sei alles in Ordnung.
Zehn bis zwölf Taubenschläge können sich Grella und Erkel für die Wiesbadener Innenstadt vorstellen. Das Projekt selbst kann nur mit langem Atem bewältigt werden. In Augsburg läuft es seit zehn Jahren und erst in fünf Jahren hofft die Kommune, Netze und Spikes, die zum Schutz der Fassaden und Simse angebracht worden waren, wieder abbauen zu können.
Aber an eines erinnert Peter Grella nochmals alle Taubenfreunde. Die städtische Gefahrenabwehrverordnung enthält ein striktes Fütterungsverbot für das gesamte Stadtgebiet. Aber auch wenn es eingehalten würde, fänden die Stadttauben reichlich Nahrung. "Dann ernähren sie sich vom Zivilisationsabfall in der Fußgängerzone", weiß Peter Grella.